Bauchspeichel­drĂŒsenkrebs (Pankreastumoren)

In der BauchspeicheldrĂŒse (Pankreas) können eine Vielzahl unterschiedlicher Tumoren auftreten. Diese können gutartig oder bösartig sein. Erstere können im Verlauf ihrer Entwicklung auch Eigenschaften bösartiger Tumoren annehmen.

Das Pankreaskarzinom ist aktuell das dritthĂ€ufigste Karzinom des Verdauungstrakts. Es tritt bevorzugt bei Menschen jenseits des 70. Altersjahres auf. MĂ€nner und Frauen sind gleich hĂ€ufig betroffen. Die Ursachen fĂŒr die Karzinomentwicklung sind nicht im Detail geklĂ€rt. Allerdings sind eindeutige Risikofaktoren bekannt, welche die Karzinomentstehung begĂŒnstigen: Nikotinkonsum, hoher Alkoholkonsum und Übergewicht.

In den letzten Jahren konnten verschiedene VerĂ€nderungen des Pankreasganges als Ausgangspunkt fĂŒr eine Tumorentstehung identifiziert werden. Bei frĂŒhzeitiger Therapie haben diese GangverĂ€nderungen eine sehr gute Prognose.

Zystische VerĂ€nderungen des Pankreas können im weiteren Verlauf ebenfalls zu einem Karzinom fĂŒhren. Ferner ist eine erbliche (familiĂ€re) Variante des Pankreaskarzinoms bekannt, und verschiedene genetische Syndrome können das Risiko ebenfalls deutlich erhöhen (Peutz-Jeghers Syndrom, hereditĂ€re Pankreatitis, familiĂ€res Mamma- und Ovarialkarzinom usw.).

Bösartige Tumoren zeichnen sich durch ein aggressives Wachstum aus. Sie befallen (infiltrieren) benachbarte Organe und bilden rasch Absiedelungen in weit entfernten Geweben (Fernmetastasen). So weisen bereits bei einer Tumorgrösse von zwei Zentimetern 40 Prozent der Patientinnen und Patienten Metastasen beim Pankreaskarzinom auf.

In der Mehrzahl der FĂ€lle handelt es sich beim Pankreaskarzinom um einen bösartigen Tumor, der aus DrĂŒsengewebe hervorgegangen ist. Dieses sogenannte Adenokarzinom betrifft in 70 Prozent der FĂ€lle den Pankreaskopf. In seltenen FĂ€llen tritt das Karzinom am Abschlussorgan des Hauptgallenganges, der sogenannten Papille, auf. Obwohl diese Karzinome praktisch die gleichen Symptome hervorrufen, sind sie deutlich besser heilbar und werden deshalb vom Pankreaskarzinom abgegrenzt.

Symptome

Problematisch beim Pankreastumor ist das Fehlen von FrĂŒhsymptomen. Aber auch im spĂ€teren Verlauf sind die Symptome hĂ€ufig unspezifisch, sodass der Krebs meist eher zufĂ€llig entdeckt wird. Dies fĂŒhrt dazu, dass ĂŒber 50 Prozent der Patientinnen und Patienten bei der Diagnosestellung bereits Fernmetastasen entwickelt haben.

Oberbauchschmerzen, die ĂŒber vier Wochen anhalten, sollten deshalb abgeklĂ€rt werden. Ebenfalls sollte beim Auftreten einer Gelbsucht (Ikterus) ein Pankreaskarzinom ausgeschlossen werden.

Beim Befall (Infiltration) des Magenausganges durch den Tumor kann es zur sogenannten Magenausgangsstenose mit verstĂ€rkter Übelkeit, VöllegefĂŒhl und gehĂ€uftem Erbrechen kommen. Im Übrigen sind die Symptome mit denjenigen einer anhaltenden EntzĂŒndung der BauchspeicheldrĂŒse (chronische Pankreatitis) praktisch identisch.

Diagnose

Besteht ein konkreter Verdacht, wird heute als Erstuntersuchung meist ein Computertomogramm (CT) erstellt. Mehr Informationen können heute mit der Magnetresonanztomografie (MRI) Untersuchung gewonnen werden, welche sowohl einen Tumor sichtbar machen als auch VerÀnderungen des Gallengangs, des Pankreasgangs und die Infiltration von GefÀssen aufdecken kann.

Diese Untersuchungen werden auch zum Ausschluss von Fernmetastasen, hauptsĂ€chlich Lebermetastasen und Lungenableger, verwendet. Bei Bedarf kann zusĂ€tzlich eine Endoskopie erfolgen – entweder in Form einer ERCP (Darstellung der Gallenwege und des Pankreasganges) oder einer Endosonografie. Bei Letzterer wird wĂ€hrend der Endoskopie eine spezielle Ultraschalluntersuchung vom Magen und Zwölffingerdarm (Duodenum) aus vorgenommen.

Bei speziellen, hormonaktiven (endokrinen) Tumoren kann eine PET-Computertomografie durchgefĂŒhrt werden, um die Tumore zu lokalisieren und ihre Metastasen zu erkennen.

Behandlungen

Ist der Tumor noch nicht zu weit fortgeschritten, so stellt die radikale Tumorentfernung, am hĂ€ufigsten in Form einer Pankreaskopfresektion, die einzige Therapie mit einer Aussicht auf Heilung dar. Dabei wird der Pankreaskopf zusammen mit dem Zwölffingerdarm (Duodenum), der unteren HĂ€lfte des Gallenganges und der benachbarten Lymphknoten entfernt. Je nach Tumorsituation muss dabei der Magenausgang mitentfernt werden. In gĂŒnstigen FĂ€llen kann der Magen heute jedoch in seiner Gesamtheit erhalten werden.

Bei der chronischen Pankreatitis kann im Gegensatz dazu der Zwölffingerdarm erhalten werden. Ebenfalls mĂŒssen die benachbarten Lymphknoten nicht entfernt werden.

Tumoren im hintersten Pankreasanteil werden mit einer Linksresektion entfernt, zusammen mit der Milz, um die umliegenden Lymphknoten ausreichend radikal entfernen zu können.

Bei Pankreaskarzinomen im Mittelteil der BauchspeicheldrĂŒse (Corpus und Pankreaskörper) oder bei Karzinomen, welche das ganze Pankreas infiltrieren, kann eine totale Entfernung des Pankreas zur Diskussion stehen. Allerdings muss der Nutzen sehr sorgfĂ€ltig abgewogen werden, da nach vermeintlich radikaler Tumorentfernung hĂ€ufig RĂŒckfĂ€lle (Rezidive) in Form von lokalen Tumoren oder Fernmetasten auftreten und die LebensqualitĂ€t durch den exo- und endokrinen Funktionsausfall betrĂ€chtlich beeintrĂ€chtigt wird.

Nur ca. 20 Prozent der Pankreaskarzinome können auf diese Weise radikal entfernt werden. Je nach Befall der Lymphknoten wird im Anschluss an die Operation eine Chemotherapie empfohlen.

Fortgeschrittene Tumoren ohne Fernmetastasen

Bei ca. 30 Prozent aller Patientinnen und Patienten bestehen noch keine Fernmetastasen. Der Tumor ist jedoch bereits in wichtige benachbarte Organstrukturen eingewachsen und kann deshalb nicht mehr radikal entfernt werden.

In diesen FÀllen kommen sogenannte palliative Verfahren zum Zuge. Palliativ bedeutet schmerzlindernd oder die Beschwerden einer Krankheit lindernd. Eine Heilung ist nicht mehr das Ziel der Behandlung. Die Massnahmen zielen darauf ab, schwere Symptome zu lindern und den Allgemeinzustand soweit zu bessern, dass eine ebenfalls palliative Chemotherapie verabreicht werden kann. So kann ein Verschluss des Gallengangs mittels Endoskopie und Stenteinlage hÀufig wieder durchgÀngig gemacht werden. Ein Stent ist ein medizinisches Implantat, mit dem ein GefÀss oder ein Hohlorgan wieder passierbar gemacht werden kann. Es ist auch möglich, eine Magenausgangsstenose mit einem Stent zu behandeln und die Magenfunktion damit zu verbessern. In geeigneten FÀllen kann mittels Vorbehandlung der Patientin bzw. des Patienten mittels Chemotherapie ein nicht operierbarer (irresektabler) Tumor wieder entfernbar gemacht werden.

Neuerdings werden zunehmend und mit guten Erfolgen auch Verfahren eingesetzt, welche mittels ultrakurzer, starker Stromstösse (Irreversible Elektroporation IRE) Herde des Pankreaskarzinom zerstören können. Diese Massnahme kann bei lokal nicht mehr entfernbaren Tumoren, welche noch keine Ableger gebildet haben, ebenfalls zum Einsatz kommen.

Tumoren mit Metastasen

Etwa 50 Prozent aller Patientinnen und Patienten werden bereits bei der Diagnosestellung Metastasen entwickelt haben. In dieser Situation wird mittels Chemotherapie (meist Gemcitabin als alleinige Therapie oder in Kombination) versucht, das weitere Fortschreiten des Karzinoms zu verzögern und den Allgemeinzustand anzuheben.

Weitere Tumorformen

Neben dem leider hĂ€ufigen Adenokarzinom der BauchspeicheldrĂŒse unterscheiden wir mehrere andere Tumorformen, die vorwiegend Zysten bilden, sich aus neuroendokrinen Zellen gebildet haben oder aus den Langerhans-Inseln entspringen und den Hormonhaushalt durch Überproduktion eines Hormons (Insulinom, Glucagonom) beeintrĂ€chtigen. Positiv an diesen Formen ist, dass sie in der Regel eine deutlich gĂŒnstigere Prognose als das Pankreasadenokarzinom aufweisen.

Auch diese Arten von BauchspeicheldrĂŒsentumoren sollten wenn möglich chirurgisch entfernt werden. Bei der Behandlung von neuroendokrinen Tumoren haben sich Kombinationsbehandlungen etabliert, welche neben der Chirurgie auch nuklearmedizinische und spezielle medikamentöse Therapien umfassen.
 
Schmerztherapie

Sollten starke Schmerzen auftreten, können heute neben der Verabreichung von Schmerzmitteln auch mit chirurgischen Eingriffen wichtige Schmerzzentren des Bauchraumes gezielt ausgeschaltet werden. Dies ermöglicht den Patientinnen und Patienten eine dauerhafte Schmerzlinderung.

Erfahrung steigert Erfolgschancen

Operationen an der BauchspeicheldrĂŒse sind komplexe Eingriffe. In den letzten Jahrzehnten konnte gezeigt werden, dass in Zentren mit höherer Patientenzahl die Ergebnisse deutlich besser sind – sowohl in Bezug auf begleitende Komplikationen nach dem Eingriff als auch in Bezug auf das TumorĂŒberleben. Deshalb bleibt diese Operation wenigen Zentren vorbehalten. In der Regionen Bern und Biel besitzen sowohl die Hirslandenklinik Beausite in Bern als auch das Inselspital grosse Erfahrung in der Behandlung dieser komplexen Tumorerkrankungen.

Mögliche Komplikationen

Auch in erfahrenen HĂ€nden kann es nach der Operation gelegentlich zu Komplikationen kommen. Diese hĂ€ngen in ihrer HĂ€ufigkeit von der Art der Tumorausdehnung, der Beschaffenheit der BauchspeicheldrĂŒse und vom Allgemeinzustand der Patientin bzw. des Patienten ab. Neben gĂ€ngigen Komplikationen nach Operationen wie z. B. Blutungen, Infektionen oder Thrombosen hat das Auftreten einer Pankreasfistel (Austritt von Pankreasenzymen in die Bauchhöhle) einen besonderen Stellenwert. Obwohl die meisten FĂ€lle mit Medikamenten oder einer Drainageeinlage geheilt werden können, verlĂ€ngern sie den Spitalaufenthalt doch erheblich. Eine ebenfalls sehr hĂ€ufige Erscheinung nach einer Pankreaskopfresektion ist die Magenentleerungsstörung. Sie verzögert den Nahrungsaufbau und kann den Spitalaufenthalt deutlich verlĂ€ngern.

Prognose

Nach einer chirurgischen Tumorentfernung an der BauchspeicheldrĂŒse können wie bei der chirurgischen Behandlung der chronischen Pankreatitis hormonelle Funktionsstörungen auftreten, welche entsprechend behandelt bzw. substituiert werden mĂŒssen. Trotz radikaler Entfernung der Tumoren leben leider nur etwa 20 Prozent der operierten Patientinnen und Patienten lĂ€nger als fĂŒnf Jahre nach der Operation. Ohne Operation ist die Überlebenszeit jedoch noch wesentlich kĂŒrzer.